Vom Laoshan zum Huashan

China Reise der Chung Hsing Mei Hua Tang Lang Ass. und der Tang Lang Ass. Hamburg

Seit Sifu Heiko Klisch und Sifu Gerhard Milbrat ihre Mei Hua Tang Lang Verwandtschaft feststellten (beide Tang Lang Experten stehen in direkter Linie zur Hé (Hao, Huo) Familie, die das Mei Hua Tang Lang in China berühmt machten), wollten sie einmal zusammen in China trainieren.

Im vergangenen Jahr wurde das Vorhaben zur Realität. Sifu Klisch konnte seinen Lehrer und Großlehrer Zhang, Wang-Fu für ein 3-wöchiges Trainingslager gewinnen. So flog man nach anfänglichen Schwierigkeiten nach China. Mit dabei waren einige Schüler der befreundeten Tang Lang Lehrer und so war die Gruppe immerhin 12 Personen stark. Nonstop ging es zunächst nach Peking, um dort innerhalb einiger Tage die Große Mauer, die Verbotene Stadt und anderes zu besichtigen.

Dann ging es voller Spannung und Vorfreude nach Qingdao. Um nicht in der Großstadt leben und trainieren zu müssen, wurde ein kleines Hotel direkt am Strand des Gelben Meeres organisiert. Dort, am Fuß der Gipfel des Laoshan Gebirges ging es dann voll zur Sache. Tägliches Training ab 5.00 Uhr morgens und ab 17.00 Uhr abends unter der Leitung der Meister Zhang, Wang-Fu und Zhang, Ming-Rong bei Temperaturen um 36°C forderte den vollen Einsatz der deutschen Tang Lang Praktiker.

Altmeister Zhang, Wang-Fu, der bei He, Hong-Xiang gelernt hatte, war sichtlich erfreut in den Demonstrationen von Sifu Milbrat unverkennlich die „Handschrift“ der Hé Familie zu erkennen. Beide Meister zeigten sich bereit, die Besonderheiten des Mei Hua Tang Lang intensiv zu erarbeiten. So standen Formen, Partnerformen und Übungen sowie Waffentraining und Anwendungen auf dem Programm. Sifu Klisch und Sifu Milbrat, die beide ihre Ausbildung abgeschlossen hatten, vertieften Gelerntes und hatten die Chance, Tang Lang Doppel-Kurzstock in Form und Anwendung vermittelt zu bekommen. Den Bonus, diese selten unterrichtete Doppelwaffe gezeigt zu bekommen, verdankten die beiden ihrem hohen Standard im Mei Hua Tang Lang der Hé Familie.

5 Tiger der Hé Familie

Fünf Brüder aus der 4. Generation Mei Hua Tang Lang spezialisierten sich so im Mantis Boxing, dass sie als die 5 Tiger der Hé Familie Tang Lang Geschichte in China machten.

Sifu Klisch war es wegen seiner chinesischen Sprachkenntnisse zu verdanken, dass man sich gemeinsam mit den Meistern von der Basis bis zu den Hohen Formen die Fachtermini einheitlich in die Pin Yin Umschrift erarbeitete. Überhaupt hatte Sifu Klisch die Trainingsreise zum Laoshan gut organisiert und wurde meisterlich mit den in China üblichen Schwierigkeiten fertig. Er fand auch die Zeit, für die Gruppe zu dolmetschen.

Obwohl das Training im Vordergrund stand, fand man die Zeit, um eine Waffenfabrik zu besichtigen und dort vor Ort Übungswaffen zu kaufen. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch des Grabes vom Tang Lang Founder Wang Lang im Laoshan Gebirge. In der Freizeit konnte man im Gelben Meer baden. Ein Taifun bescherte herrliche Wellen, die man nutzte, um Body-Surfing zu versuchen. Wer wollte, fand auch die Zeit, das Gebirge zu erkunden. Aber es ging auch in der Freizeit immer wieder ums Mantis Kung Fu.

Kung Fu Demo in Qingdao

Da die Meister im gleichen Hotel wohnten, gab es immer wieder entsprechende Extras. Schließlich sollte man noch in Qingdao an einer Kung Fu Demo teilhaben, worüber das dortige Fernsehen ausführlich berichtete. Vorführungen gab es auch in einer Schule für Shaolin Kung Fu, wo man sich mit Altmeister Mei, Jian-Zhang und 7 Sterne Tang Lang Meistern austauschen konnte. Meister Mei vertritt die 4. Generation Bakua und die 5. Generation Xing-Yi Quan. Überhaupt hatte man die Möglichkeit, viele Kontakte zu knüpfen. So vereinbarte man mit dem Mantis Meister und Wushu Reporter Yu-Bin den Austausch von Wushu Informationen aus beiden Ländern.

Die 3 Wochen Intensiv-Training gingen dann auch schnell zu Ende. Im Rahmen des Abschiedsessens, welches die Hotelinhaber spendierten, wurden Urkunden über das jeweils Erlernte jedem der Teilnehmer überreicht.

Sifu Klisch und Sifu Milbrat vereinbaren, in Zukunft weiter zusammen zu arbeiten

Für die Gruppe um Sifu Klisch ging es jetzt nach Peking und dann nach Deutschland zurück. Sifu Milbrat fuhr mit seinen Schülern per Eisenbahn (30 Stunden Fahrt) weiter zur am Huashan gelegenen Kaiserstadt Xian, um Chen Stil Tai Ji Quan beim German Wushu Research Association Meister Shen, Xi-Jing weiter zu lernen.

Hinter uns lag das Laoshan Gebirge und das Schwitzen, Üben und Lernen bei den Tang Lang Meistern saß uns noch in den Knochen. So machten Karsten, Thomas, Frank und ich uns auch keine Bange vor der 30-stündigen Zugfahrt von Qingdao nach Xian. Auch wunderten wir uns nicht, dass wir irgendwie nur 2 Tickets für die lange Reise hatten. Irgendwie ging es auch so und wir arrangierten uns mit dem Liegen auf den Pritschen. Stickig, lebendig, eng, aber irgendwie schön ging es her im Zug und so ratterten wir mit dem Zug übers Land, vorbei an endlosen Feldern. Überhaupt schien alles irgendwie endlos auf dieser Zugfahrt. Dafür war unser Lebensmittelvorrat besonders endlich, unser Hunger dafür noch endloser.

In Xian war dann aber alles anders. Meister Shen, Xi-Jing hatte alles gut vorbereitet. Direkt vom Bahnsteig wurden wir abgeholt, um im klimatisierten Wagen zum Hotel gebracht zu werden und schon am nächsten Morgen trafen wir uns im Park an der Stadtmauer zum Tai Ji Quan Üben. Morgens lernen und nachmittags üben hieß es nun für die nächsten 3 Wochen.

Im Park von Xian

Im Park traf sich ein illustres Völkchen, um so allerhand noch mal zu üben. Ältere Damen und Herren warfen sich im ruhigen, steten Wechsel mit Brust oder Keule schnaufend gegen die großen Felsen. Qi Gong-Abhärtung, Cellulites-Therapie oder Verzweiflung über die hohen Eintrittsgebühren, richtig rausgefunden, warum, haben wir eigentlich nicht. So mancher hing Klimmzüge machend im Baum, spazierte rückwärts, übte Qi Gong, Tai Ji, Ba Kua, singen, Pipa spielen, tanzen. Eine ausgeflippte Lady saß Schwert schwingend in der Krone eines der vielen Bäume. Aus der empörten Reaktion der schimpfenden Leute unter dem Baum schlossen wir, dass das Schwert von einem der Übenden entwendet wurde. Wie gut, dass ich noch nicht wusste, dass eben diese Lady im Baum mir später meinen Übungsspeer zu entreißen suchte und sie aus der Nähe betrachtet noch ausgeflippter erschien …

Anfangs staunten wir noch über den Zähne ziehenden Redner, der so manchen in seinen Bann zog, um ihm später an der Kauleiste herum zu zerren. Ein ganzer Haufen dieser Trophäen lag eher mahnend auf einer Decke. Schluck …

Nach 5 Wochen in China waren wir ziemlich abgebrüht

Überhaupt konnte man sich so manchen Zahn ziehen lassen, zumindest in Bezug auf Tai Ji. Man brauchte sich nur einem der Tui Shou Zirkeln anzuschließen, um sich in Fachsimpelei und Austausch zu ergehen, wo es auch schon mal zur Sache ging. Zur Sache ging es auch im Straßenverkehr, wo wir mit geliehenen Drahtrossen so manches Rennen machten.

Zu tun gab es immer was, abends konnte man sich mit gegrilltem Fleisch von der Fahrradspeiche und Fladenbrot wieder stärken. Ach ja, Bier gab’s auch …

Nach 5 Wochen in China waren wir so ziemlich abgebrüht. Das Training im super feinen Staub, der grüne Regen, der Chemikalien sprühende Wagen im Park beim Training, die geile Stimmung, der Parcour zu den Touristenplätzen, all das konnte uns nicht mehr erschüttern. Na ja, die Ratte im Bett und anderes erinnerten uns daran, dass es hier doch irgendwie anders war. Was aber so anders war, verblasste immer mehr. Egal. Dafür rückte mehr und mehr eine gereizte Stimmung und eine Lernsättigung in den Vordergrund. Zum Abschied warfen wir unsere Barschaft zusammen und uns in ein Abschiedsessen mit unserem Tai Ji Lehrer. Wirklich lobenswert war die Professionalität des W.C.T.A.G. Meisters, der es gut verstand uns zu motivieren und uns hervorragend unterrichtete4.

Karsten und ich freuten uns auf good old Germany. Für Thomas und Frank hieß es für die nächsten 6 Wochen: Huashan rauf, Huashan runter, rein in den Zug, raus aus’m Zug. Himmelssee erleben, Abenteuer, schwüle Träume. Üben in der Wüste, üben auf’m Berg, üben im Zug, frei und unabhängig sein. Vom Laoshan zum Huashan, dass war schon geil, extrem, survivalmäßig, ätzend, nervend und bei allem sehr lehrreich. Oder was?!

Text: Gerhard Milbrat