Das Schwert – die Waffe des Altertums
Das Schwert symbolisiert Stärke und Geschicklichkeit, Macht und Hoheit, Gerechtigkeit und Herrschaft. In fast jedem Reich war es das Zeichen der Staatsgewalt und hoher Ämter. Ein Schwert zu tragen war ein Privileg, das man sich oft erst verdienen musste. Keine andere Waffe wurde je zu klareren Zielen entworfen. Dies ist die Waffe des Altertums, die einzig und allein gegen Menschen entwickelt wurde und nicht von Jagdwaffen abstammt.
Viele Geschichten und Legenden sind überliefert über diese Waffe, die auch so manchen von uns fasziniert. Ebenso viele Geschichten und Legenden ranken um die Herstellung dieser königlichen Waffe. Bis in die Bereiche des Mystischen geht das geheimnisumwitterte Schmieden dieser Waffe, die auch in Europa ihre Fechtschulen, Duelle und Legenden hat.
Das Chinesische Schwert
Erste historische Beweise für eine Waffenherstellung aus anderem Material denn als Stein finden sich in der Zeit 2690-2590 v. Chr., der Zeit des Huang Di, dem Gelben Kaiser. Huang Di ließ Schwerter aus Jade, Kupfer und Gold herstellen. Diese Zeit bildet den Anfang der metallurgischen Forschung für Waffenherstellung in China.
In der Zeit der Shang Dynastie (1751-1111 v. Chr.) kamen die ersten Bronze-Schwerter auf. In der folgenden Chou Dynastie (1111-221 v. Chr.) machte die Metallurgie Fortschritte und härtere und schärfere Schwerter konnten hergestellt werden. Es folgte eine Zeit der Bürgerkriege, die als Frühling- und Herbstperiode oder als Zeit der kriegsführenden Staaten Geschichte schrieben. In dieser Zeit wurde den Schwertschmieden höchsten Respekt entgegen gebracht. Während der Han Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) wurde der Vorgang der Eisenherstellung erstmals in dem Buch „Huai Nan Wan Hua Shu“ (Huai Nan´s tausend Handwerke) beschrieben, einem Buch der Metallurgie.
Aus der 3 Königreiche Periode bis zur nördlichen Chou Dynastie (Bei Choui 557-581 n. Chr.) ist wenig über die gebrauchten Waffen überliefert.
In der friedlichsten Zeit in Chinas Historie, der Sui- und Tang-Dynastie (581-907 n. Chr.) wurden eher die schönen Künste entwickelt und die Kriegskünste vernachlässigt.
907 n. Chr. wurde China in fünf Regionen geteilt, die als die Zeit der fünf Dynastien (Wu Dai 907-960 n. Chr.) bekannt wurde und in die vereinte Sung Dynastie (960-1279 n. Chr.) mündet. Die Sung Dynastie endete mit der Invasion der Mongolen, welche die Yuan Dynastie gründeten. Erst diese Mischung der Kulturen brachte weitere Entwicklung der Schwertstile.
Mit dem Sieg über die Mongolen 1368 gründete sich die Ming Dynastie (1368-1645). Schwerter aus Stahl wurden erst in der Ching Dynastie (1644-1911), welche die Manchus begründeten, hergestellt.
Die normalen chinesischen Schwerter, die heute im Handel sind, sind eher schlecht verarbeitet, eben Massenware und daher recht billig. Die Qualität der Klingen sind den historischen gegenüber gleichwertig bis überlegen! Obwohl auch heute noch Faszination von dieser Waffe ausgeht, ist das Wissen um die „Magie“ des Schwertes den meisten unbekannt. Das Schwert ist die erste Waffe, welche hergestellt wurde, um ausschließlich gegen Menschen eingesetzt zu werden. Später entwickelten sich in Europa auch „Jagdschwerter“. Diese wurden neben dem normalen Schwerteinsatz auch genutzt, um waidwundem Wild den „Fangstich“ zu setzen.
Das Schwert als Symbol
Auch in China war das Schwert Symbol der Würdenträger des Militärs. Nur Adlige durften es tragen. Die einfachen Soldaten waren mit dem Säbel (DAO) ausgerüstet.
Zivile Schwerter
Die ersten zivilen Schwerter (Wen-Jian) entwickelten sich in der Ming Dynastie (1368-1645). Im Gegensatz zum militärischen Schwert (Wu-Jian) galt das Wen-Jian als weiblich, war kürzer und die Spitze (Feng) abgerundet. Das Aussehen jeder der beiden Schwertarten variierte sehr stark. Je nach Zeit, Schwertschulen, Schmieden und persönlicher Notwendigkeit entstanden unzählige Formen, die nach Feng Shui Aspekten angelegt, und/oder mit magischen Ritualen „erweckt“ wurden.
Das 7 Sterne Schwert
Das Qi Xing-Jian (7 Sterne Schwert) z.B. ist an der Klinge mit 7 Punkten/Knöpfen aus Kupfer besetzt, welche die Energie besser fließen lassen sollen und die Anordnung des Sternbildes des Großen Wagen darstellt. Die Punkte wurden mit einer in das Metall eingravierten Linie verbunden.
Andere Schwertarten
Verschiedene Fechtschulen verwendeten variabel geformte Klingen, wie z.B. das Schlangenschwert (She-Jian). Das Doppelschwert (Shuang-Jian) wurde meist von Frauen geführt. Weiter gibt es das Zweihandschwert (Shuang-Shou-Jian) oder das tückische gezahnte Schwert (Yu-Na-Jian), was auch als Giftzähne bezeichnet wird.
Das Militärische Schwert
Um auf dem Schlachtfeld bestehen zu können, waren die Kriegsschwerter viel schwerer und aus geschmiedetem Stahl. Es gibt Legenden, die besagen, dass manche Kämpfer bis 15 Kilo schwere Schwerter handhabten.
Hofschwerter
Um Würdenträger zu belohnen, schmiedete man während der Qing Dynastie (1644-1911) kleine Hofschwerter (Xiao Gong-Jian), auch Gerichtsschwerter genannt. Sie wurden auch fremden Reisenden als eine Art Pass angeboten. Mit etwas Glück kann man solche Hofschwerter heute noch im Antiquitätenhandel erstehen. Die wirklichen Klingen sind heute nur noch selten zu finden und haben Preise wie alte japanische Katana. Heute gibt es in China kaum noch Schmiedemeister, die das alte umfangreiche Wissen in sich vereinen, welches nötig ist, um „lebende Klingen“ zu schaffen.
Schnitt- und Stichwaffe
Der Umgang mit ihm wurde als sehr subtil betrachtet. In den alten Schulen war es verpönt, mit dem Schwert einfach zuzuschlagen, was man eher mit dem Säbel (als der eigentlichen Hiebwaffe) ausführte. Das Schwert galt als Schnitt- und Stichwaffe. Mit der Spitze das Schwertes versuchte man, präzise Schnitte an den Sehnen und Arterien der Gelenke oder des Halses anzubringen, da in der Schlacht die chinesischen Rüstungen eher leicht und gerade an den Gelenken Rüstungslücken hatten.
Die alten Meister versuchten den Gegner mit der rasierklingenscharfen Spitze zu ritzen, damit dieser verbluten musste. Die Spitze (Feng) war sehr dünn und scharf. Zum Griff hin wurde die Klinge dicker und konnte zum Schlagen, Schneiden und Blocken genutzt werden. In der alten Mythologie ist das Schwert dem Feuer zugeordnet.
Gerade oder gebogene Klingen
Um effektiver zu sein, erfordert der Umgang mit dem chinesischen Schwert kreisförmige, gelupfte Bewegungen, um Techniken optimal ausführen zu können. Gebogene Klingen dagegen können auf direktem, mehr linearem Weg eingesetzt werden, wie man bei Säbel- oder Katanentechniken gut erkennen kann.
Die Fechttechniken Chinas ähneln eher dem europäischen Degenfechten als dem Schwertfechten (welches mit 2 Händen geführt wurde). Chinas Zweihandschwertfechten entspricht dem 1 ½ Händer Europas (1 ½ Händer lässt den Gebrauch mit 1 oder 2 Händen zu).
Die Scheide
Grundsätzlich unterscheidet man 2 Arten der Scheide: Die Gelehrten Scheide, welche aus Holz hergestellt wurde und um das Schwert gegen Nässe zu schützen, mit Schlangen- oder Krokodilhaut wasserdicht gemacht wurden. Der andere Scheiden-Typ ist die militärische Scheide, die aus Metall geformt härteren Kampfeinsatz wie z.B. Blöcke und Stöße erlaubte.
Die Schwerter, die heute im Gebrauch sind, entsprechen fast ausnahmslos dem Design der Ching Dynastie.
Nord-Süd Unterschiede
Nordchinesen sind in der Regel größer als die Südchinesen und die kulturellen Unterschiede von Nord und Süd resultieren in unterschiedlichen Schwertstrukturen und Techniken. Die Klinge des nördlichen Schwertes ist relativ lang und dünn, was Gewicht spart. Die Durchschnittslänge ist ca. 15 cm länger als die Armlänge. Das Parierstück ist nach vorne gebogen um die Waffe des Gegners festzusetzen. Nördliche Schweretstile sind offensiv bzw. angriffsorientiert und sind spezialisiert in lange und mittlere Distanz.
Die südlichen Schwerter dagegen sind kurz, armlang mit breiten, dicken Klingen. Die Parierstücke sind eher nach hinten gebogen um die Waffe des Gegners abgleiten zu lassen und um einen Konter in kurzer Distanz möglich zu machen. Südliche Schwertkampfkunststile sind eher defensiv und bevorzugen eine kurze bzw. mittlere Kampfdistanz.
Der Weg des Schwertes
In ganz China wurde der Weg des Schwertes hoch respektiert. Nicht nur wegen der Schwierigkeit des Erlernens der Techniken, sondern vor allem wegen der moralisch/ethischen und spirituellen Qualitäten, welche nötig waren, um die höchste Fertigkeit des Schwertkampfes zu entwickeln. Um eine seriöse Grundlage für die Schwertkampfausbildung zu haben, musste der Kampfkünstler zunächst andere „Kurzwaffen“ wie Säbel, Dolch etc. meistern, was eine lange Zeit der Vorbereitung erforderte. Ein Schwertmeister musste Willenskraft, Beharrlichkeit, Geduld und Ausdauer entwickeln, um die langjährige Ausbildung durchzustehen. Das Schwert war eher eine defensive Waffe, was Strategien von Ruhe in Bewegung nötig machte. Eine solche Qualität war ohne Geduld, Gelassenheit und Tapferkeit nicht zu erreichen.
Schwertkämpfer praktizieren Meditation um die nötige innere Ruhe und Gelassenheit zu entwickeln. Zusätzlich half der Meister dem Schüler, Tugenden zu entwickeln, welche für den Weg des Schwertes notwendig waren. Die Entwicklung von Loyalität nahm eine zentrale Stellung ein. Loyalität zum Land, Meister, Eltern und Freunde, selbst mit der Konsequenz, sein Leben zu geben war nicht nur ein Lippenbekenntnis. Zusätzlich mussten Respekt, Demut und Rechtschaffenheit vom Schüler entwickelt werden, um ein Meister des Schwertes zu sein.
Chinas Fechtkunst hat sich bis heute sein Charisma bewahrt, ist aber in der Breitenanwendung sehr verwässert. Sieht man bei einem Stock- oder Säbelkämpfer die Wirksamkeit der Waffe, so ist es beim Schwertfechten schwer zu erkennen, ob die Technik wirklich funktioniert. Klassische Schwertwege werden kaum noch vermittelt und eher im Hintergrund gepflegt. Die Faszination des Schwertes jedoch sorgt weltweit für den Erhalt und die Pflege der Schwertkunst.
Text: Gerhard Milbrat