Taijiquan Sommercamp der WCTAG 2003
So eine Überschrift hört sich zunächst mal ganz gut, vielleicht sogar philosophisch an, ist aber erstens nicht von mir, und will zweitens mit Leben gefüllt sein. Das heißt, dass man zwar viele Lehr – und Sinnsätze kennen, doch nicht zwangsläufig mit gelebter Erfahrung füllen kann. Und da sind wir schon mitten im Geschehen.
Chen Tai Ji Quan – Sommercamp 2003 der WCTAG NRW unter Leitung v. Gerhard Milbrat
Es ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung, sich in eine so große Gruppe einzufügen, und die eigenen Ansprüche und Erwartungen an die sich bietenden Chancen anzugleichen und selbige effektiv zu nutzen.
Doch dieses Jahr fiel es mir persönlich leichter als die Jahre zuvor. Ich hatte das Gefühl, die sogenannte Chemie stimmte. Die Leute waren vom ersten bis zum letzten Tag bereit als Teil eines Ganzen und nicht als egozentrische Solisten zu üben. Und ich glaube, dass damit die Basis für alle geschaffen war zu lernen. Wenn es mir auch immer wieder ein Rätsel aufgibt, wie es den Dozierenden (Gerhard und Hadmut) gelingt, auf die verschiedenen Bedürfnisse und Wehwehchen von bis zu 43 Personen gleichzeitig einzugehen. Und das fast 24 Stunden am Tag.
Nichtsdestotrotz ist mir aufgefallen, dass wir es oft nicht nur äußerst eilig haben und uns damit selber blockieren zu sehen und zu lernen, sondern auch immer auf der Jagd nach Neuem sind. Wir haben es tausend Mal gehört und haben nicht den Mut uns zu bremsen.
Der Tui Shou Lehrgang von Jan Silberstorff während des Tai Ji Sommercamps, war für mich von einer subtilen Botschaft begleitet, die sich schon länger wie ein roter Faden durch mein Üben zieht, oder anders mit den Worten meines Lehrers gesagt: „Was willst du mit einem Zimmer in der Luft“. Jans Korrekturen zielten immer und immer wieder auf die Struktur der Übenden. Doch wir haben es eilig. Wir müssen suchen, suchen nach Neuem, damit irgendetwas in uns beruhigt sagen kann: Ja, ich habe etwas Darstellbares gelernt.
Dabei finde ich gerade im Chen Tai Ji Quan der WCTA und der geschlossenen Systematik der Übungsvorgaben und -abfolgen, können wir unseren suchenden Geist beruhigen und brauchen einfach nur zu üben und den Hilfestellungen unserer Vorgänger zu folgen, um vorwärts zu kommen.
Wir brauchen unsere Zeit nicht mit dem Suchen guter Systeme und Lehrer in aller Welt zu vergeuden. Wir können uns ganz auf das Üben als Solches konzentrieren und anfangen den Weg zu gehen, den andere vor uns minutiös ausgearbeitet haben und immer wieder verbessern. Und ich glaube, wenn wir den Mut aufbringen, das ruhelose Suchen in uns loszulassen, werden wir uns ganz von selbst auf das Wesentliche beschränken und anfangen zu entdecken.
Wo die Suche endet beginnt der Weg.
Piet Jütten